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Die Entdeckung der Dekompressionskrankheit

Die Entdeckung der Dekompressionskrankheit

 

Ein kühner Plan

Im Jahre 1865 platzt New York aus allen Nähten. Überall wird gebaut und der ständig anwachsende Verkehr ist kaum mehr zu bewältigen. Ein deutsch-stämmiger Ingenieur, der Brückenbauer Johann August Roebling, schmiedet einen kühnen Plan: Er möchte eine gigantische Hängebrücke über den East River bauen. Sie soll das reiche Manhattan mit dem armen Stadtteil Brooklyn verbinden und so die Fähren entlasten, die bisher mühsam Fuhrwerke und Menschen über den Fluss bringen mussten. Roeblings Konstruktion soll über einen Kilometer lang werden – so groß wie bisher keine Hängebrücke auf der Welt. Die größte Herausforderung ist die Errichtung der Brückenpfeiler. Sie müssen riesengroß und stabil sein, um die Last hunderter Fahrzeuge und tausender Menschen tragen zu können. Die Brückenpfeiler brauchen ein festes Fundament unten am Grund des Flusses.

 

Arbeitsplatz mitten im Fluss

Für die Arbeit unter Wasser baut man zunächst zwei riesige Senkkästen aus Holz, Eisen und Zinn – 50 Meter lang und 30 Meter breit. Diese Caissons werden mit der Öffnung nach unten in den East River versenkt. Die Arbeiter schuften im Hohlraum der Kästen. Ein gewaltiger Überdruck hält die Wassermassen davon ab, in den Hohlraum einzudringen. Auf das Dach der Kästen mauern die Arbeiter mithilfe von Flaschenzügen und Montagekränen, die über Wasser stationiert waren, Stein für Stein die Brückenpfeiler.

Die Bedingungen sind hart: 60 Grad Hitze, schummriges Petroleumlicht, extrem hoher Luftdruck bis zu 4 bar. Die Männer arbeiten bis zur völligen Erschöpfung, schon nach zwei Stunden müssen sie ausgewechselt werden. Nach einem Jahr ist der erste Pfeiler vollendet. Der Caisson bleibt am Flussgrund und wird mit Beton gefüllt. Von der tödlichen Gefahr, die von den Kästen ausgeht, ahnt am Anfang niemand etwas.

 

 

 

 

 

 

Quelle:

http://www.wdr.de/tv/quarks/sendungsbeitraege/2006/0912/005_tauchen.jsp

Tod nach Jahren

Zwei Jahre nach Beginn der Bauarbeiten stirbt plötzlich ein Arbeiter. Er hatte monatelang unter Wasser für den zweiten Brückenpfeiler gearbeitet. Die anderen machen weiter, die Bezahlung ist zu gut. Aber es gibt Gerüchte, dass die Senkkästen gefährlich sind. Tatsächlich sterben in den folgenden Jahren weitere Arbeiter, viele andere werden krank. Sie leiden unter Übelkeit, Kopf- und Gelenkschmerzen, haben Atemnot, können ihre Darmtätigkeit nicht mehr kontrollieren und bluten aus Mund und Nase. Viele der Kranken werden nicht mehr gesund, einige bleiben ihr Leben lang gelähmt. Lange ist den Medizinern nicht klar, was mit all diesen Menschen geschehen ist. Sie vermuten, dass der hohe Luftdruck im Caisson für das Leiden verantwortlich sein könnte. Denn sie stellen fest, dass die Beschwerden sich bessern, sobald die Arbeiter in die Kisten unter Wasser zurückkehren. Erst einige Jahre später bekommt die merkwürdige Krankheit einen Namen: Caisson-Krankheit, heute eher bekannt als Taucher- oder Dekompressionskrankheit.

 

Auf den Spuren der Taucherkrankheit

 

Erst acht Jahre nach Baubeginn gibt es systematische Untersuchungen zu den mysteriösen Symptomen. 1878 beschreibt der französische Wissenschaftler Paul Bert in einem Lehrbuch für Taucher zum ersten Mal offiziell das Zusammenwirken von Druck, Zeit und Luft. Seitdem gelten Gasblasen im Gewebe als Ursache der Taucherkrankheit. Sie entstehen, wenn der Druckausgleich beim Auftauchen fehlt. In den Caissons der Brooklyn-Bridge herrschte ein sehr hoher Luftdruck – je nach Wassertiefe zwischen 2 und 4 bar, also doppelt bis viermal so viel wie bei normalem Luftdruck an Land. Dadurch ist vermehrt Stickstoff ins Blut und ins Gewebe der Arbeiter gelangt. Der Fehler war, dass die Menschen den Senkkasten verließen, ohne ihren Körper langsam wieder an den niedrigeren Luftdruck über Wasser zu gewöhnen. Dann kann das Blut den Stickstoff nicht schnell genug wieder abbauen – er bildet Blasen. Der Vorgang kann mit dem Öffnen einer Sprudelflasche verglichen werden, wenn das Wasser plötzlich aufschäumt. Die Stickstoffblasen schädigen Adern und Gewebe, so kommt es zu den inneren Blutungen. Auch heute noch wird das Prinzip der Senkkästen in manchen Fällen angewendet. Aber mittlerweile achtet man auf einen ausreichenden Druckausgleich, um die Gesundheit der Arbeiter nicht zu gefährden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Quelle:

http://www.wdr.de/tv/quarks/sendungsbeitraege/2006/0912/005_tauchen.jsp

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